Die Sammlung wurde von dem Maler und Zeichner August Ohm in einem Zeitraum von etwa dreißig Jahren zusammengetragen. Sie umfasst unter anderem Arbeiten von Lorenzo di Credi, Pietro Perugino, Jean Antoine Watteau, Giovanni Battista Tiepolo, John Flaxman, Constantin Guys, Paul Cézanne, Fernand Léger und Max Beckmann.
Diese Zeichnungen aus fünf Jahrhunderten stellt ein Maler zusammen, der als Sammler eine erlauchte Tradition fortführt. Maler haben Entwürfe und Studien berühmter Meister als Muster bewahrend, die Zeichnungssammelei begründet. (…) Der Maler ist von Natur aus für die Zeichnung qualifiziert. Selbsterfahrung erlaubt ihm, den zeichnenden Künstler authentisch nachzuerleben, als Eingeweihter in den Zauber von Andeutungen und Hieroglyphen, auch mit Sinn für Psychogramme der Stadien zwischen Versuch und Gelingen.(…)
Der heutige Sammler wird allerdings einen anderen Begriff von der Zeichnung haben als seine Vorgänger: Die maßgebliche ältere Meinung findet sich bei Hegel: „Die Zeichnung ist das Unmittelbare des Anfangs als das Mangelhafte mit dem Trieb sich weiterzubilden“. Man kann nur noch den ersten Teil der Definition als Einsicht gelten lassen. Vom angeblich Unzureichenden der Zeichnung, das sich erst im Bild verliert, redet niemand mehr. Ihr derzeitiges Ansehen entspricht Gedanken, die in der manieristischen Disegno-Theorie aufgekommen sind: Im Disegno offenbart sich die Seele des Kunstwerks; daher ist der Rang der Zeichnung nicht zu überbieten.
Werner Sumowski
Bibliographie: Zeichnungen, ausgewählte Beispiele aus fünf Jahrhunderten, Geleitwort von Werner Sumowski, Hamburg-Florenz, 1995